Alle ins EU-Boot mit einem Napoleon als Kapitän?
Freitag, November 21st, 2008Am Dienstag waren in der Tageszeitung “Die Presse” die ersten zwei Seiten dem Thema EU gewidmet. Unter dem Titel “Die Krise treibt Skeptiker in die EU” wurde ebendiese These vertreten.
Eine Karrikatur mit einem Rettungsboot dessen Kapitän einen EU-Napoleonhut trägt, lässt vermuten, dass Presse Art-Direktor Helge Schalk hier einer Art graphischem Freudschen Versprecher anheimfiel: Soll jetzt alles seeklar gemacht werden um die EU noch weiter in Richtung Diktatur zu entwickeln?
In den Artikeln wird behauptet, alle würden jetzt in der Krise den Reformvertrag wollen. Dieser enthält ja unter anderem eine Art Ermächtigungsgesetz mit dessen Hilfe die Regierungschefs den Vertrag jederzeit — ohne ihre Völker zu fragen — abändern können — wie unter anderem der Staatsrechtler Prof. Schachtschneider z.B. in diesem YouTube Video darlegt.
Warum heute dieses Thema, wir haben doch nicht Sauregurkenzeit? Ab Seite 3 haben wir ja die aktuelle Berichterstattung über die Verhandlungen zur Regierungsbildung — die interessiert vermutlich mehr als das EU-Thema?
Hatte die SPÖ doch noch vor der Wahl mit Volksabstimmung für zukünftige EU-Entscheidungen geliebäugelt — auch wenn das nach Ratifizierung des Reformvertrags ziemlich inhaltsleer wäre — so ist sie jetzt wieder voll auf Kurs wenn sie die 9. “schwarze” Gretchen-Frage
Wie sichern wir die Rolle Österreichs als verlässlicher Partner bei der Weiterentwicklung der EU?
laut Presse beantwortet mit
Österreich muss sich weiterhin für ein starkes, geeintes und faires Europa einsetzen. Das Ziel der EU-Erweiterung durch Kroatien sowie weiterer Nachbarn am Balkan werde weiter verfolgt.
Pröll sieht denn auch “substanzielle Fortschritte” (S.4) aber “Die Frage von EU-Volksabstimmungen sei überhaupt ein ‘weißer Fleck'” — die Bürger haben die Sager zu EU-Volksabstimmung vermutlich noch nicht vergessen, sollen wir deshalb mit einem zweiseitigen Propagandavorspann eingelullt werden?
Ziel einer direkten Demokratie muss ja sein, falsche Entscheidungen rückholbar zu machen, dafür wäre eine Mitsprache in EU-Angelegenheiten ein erster Schritt — den wohl nach wie vor niemand gehen will.